Die Website wird um eine Quellensammlung erweitert. Diese soll einen Überblick geben über die vorhandene Literatur zu Lederer und so die Forschung diesbezülich erleichtern.
Die Quellensammlung ist untereilt in Ausstellungskataloge, Monografien, Aufsätze sowie Zeitschriften- und Zeitungsartikel. Soweit möglich wird ein Download der Quelle zur Verfügung gestellt oder zumindest ein Link auf die Quelle angegeben.
Momentan befindet sich die Quellensammlung noch im Aufbau; sie wird daher nach und nach vervollständigt.
Seit zwei Jahren besitzen wir ca. 300 Fotos aus den Skizzenbüchern Hugo Lederers, die uns zur Kopie im Museum Znojmo dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt wurden. Das ist ziemlich umfangreiches Potential für Untersuchungen verschiedenster Form. Wir interessierten uns für besondere Darstellungen, solche die sich konkreten Werken zurechnen ließen, verschiedenen anderen Bereichen und Texten unterschiedlicher Thematik. Zu allen ergaben sich Funde wechselnder Qualität, alle waren ein intensiver Einblick in seine Schaffensweise wie auch seine Gedankenwelt. Die uns zugänglichen Bücher, vielleicht auch nur einige davon wegen der Kürze der Zeit, sind offensichtlich aus den Jahren 1925 bis 1932, eine äußerst spannende Zeit, sowohl wirtschaftlich wie politisch. Um es gleich vorab zu sagen: Obwohl in diesen Jahren der Nationalsozialismus seinen rasanten Aufstieg absolvierte und sicherlich die Bevölkerung davon stark betroffen war, finden sich keine diesbezüglichen Erwähnungen. Die schon oft kritisierte Zuweisung Hugo Lederers zu den Nazis ist hiermit obsolet!
Wirtschaftlich ging es ihm nicht gut. Dies hat mit der Zeit und dem vermutlich ziemlich großen Verlust von Vermögen durch Inflation und Weltwirtschaftskrise zu tun, er lebte wohl vor allem von seinem Professorengehalt. Er reiste zu den Steinbrüchen, in denen seine Rohlinge gebrochen wurden, und besuchte diverse Städte mit vielfältigen Kontakten zu Oberbürgermeistern u. a. lokalen, v. a. industriellen Größen.
Gesundheitlich spielt die wohl tief in die Persönlichkeit eingreifende Erkrankung im Jahre 1924 immer noch eine Rolle. Man muss sicherlich vorsichtig sein, denn rasch hingeworfene Notizen sind im Nachhinein möglicherweise auch krankheitsrelevant einzuordnen, aber meist sind seine zeitbezogenen Äußerungen absolut nachvollziehbar. In vielen Äußerungen zeigt sich eine große Verletzlichkeit. Wen wundert das bei einem Künstler!
Auch zu seiner Tätigkeit als Professor finden sich Äußerungen. Er gibt Einblick in die uns schon bekannte große Fürsorge samt materiellem Einsatz für seine Schüler. Dabei tauchen Namen auf – ich lege großen Wert darauf zu betonen, dass es viele Frauen sind! -, die wir noch nicht kannten. Offensichtlich schmerzte es ihn, wenn eine davon, von ihm für begabt gehalten, ihr Heil in der Heirat eines wohlsituierten Mannes suchte. Auch da haben wir für beide Verständnis!
Wir versuchen Einblicke in diese Werke zu geben, indem wir im Werkverzeichnis als Kapitel 8. unter Skizzen einige einstellen. Beurteilungsmaßstab sind Zusammenhänge und sichere Aussage. Das Vorhandensein im Skizzenbuch allein als Originalnachweis wollen wir aus Diskretion nicht übertreiben.
Bei der Durchsicht unserer bisher hier veröffentlichten Dokumente fiel uns auf, dass wir vor lauter Fixierung auf das Werk Hugo Lederers kaum etwas zu den doch sehr spärlichen Unterlagen zur Familie beitrugen. Deshalb stellen wir ein interessantes Foto aus der Familie hier vor, das gleichzeitig ein historisches aus Znaimer Zeit (1910) darstellt.
Der Rabenstein war ein viel besuchtes Ausflugslokal, das nach dem 2. Weltkrieg durch das Thayawehr geflutet wurde, es also so nicht mehr gibt. Das Foto zeigt links den Eigentümer des Lokals, Leopold Moser, meinen Urgroßvater mütterlicherseits. Er ist der Vater von Hugo Lederers Schwägerin, der Frau von Karl Lederer, der dieses Werkverzeichnis begann. Im Kahn ist Franziska Balik abgebildet, verheiratete Lederer, die Mutter von Hugo und Karl Lederer und weiterer sieben Kinder. Sie spielte bei den Untersuchungen über die Herkunft der Familie in unserer Website schon einmal eine Rolle. Man sieht ihr auf dem Foto an, dass sie eine resolute Frau war, die sich für ihre Mitmenschen tatkräftig einsetzte und deshalb den Beinamen ‚Bürgermeisterin vom Tränkberg‘ trug, den man auf dem Foto als Abhang direkt hinter ihr sieht. Sie gehörte zur Handwerkerschicht der Stadt, wobei mich erstaunt, dass sie hier den Kahn ganz offensichtlich selbst zu steuern wusste. Das dürfte damals auch nicht allgemein üblich gewesen sein. Ihr Vater hat das Haus erbaut, an dem heute eine Plakette darauf hinweist, dass hier Hugo Lederer geboren wurde.
In diesen Tagen gehen junge Menschen auf die Straße, um andere auf das Klima aufmerksam zu machen. Vor mehr als 100 Jahren ging die Jugend in den Wald, um auf die Natur hinzuweisen. Mann trug offene Kragen, frau ging mit. Beides war Provokation! Diesem Geist – man nannte es Jugendbewegung – entstammt diese Skulptur Hugo Lederers. Hier war es der körperlich ‚natürliche‘ Sportler, der ganz absichtlich vor Universität und Bischofspalast in Breslau (heute Wroclaw) aufgestellt wurde. Die Provokation wurde nicht nur verstanden, sie ergab mindestens ebenso viel Aufregung in der Öffentlichkeit wie heute. Der nackte Sportler gab augenscheinlich allzu viel Einsicht in die Gegensätze zu den Honoratioren. Angeblich wird die Skulptur heute noch von den Studenten zu Fasnacht angezogen. Ob die jungen Leute von heute wissen, welche unglaubliche Veränderung des Denkens durch diese Darstellung dokumentiert wurde?
Vor kurzem erhielt ich dieses Foto von einem aufmerksamen Touristen zugesandt. Wir wussten um diese Skulptur, wegen falscher Schreibweise und mangelnder Kooperation war bisher eine Sicherstellung nicht möglich. Vielen Dank dem kundigen Kenner! Folge ich einigen Abhandlungen von Kunsthistorikern, dann ist der Fechter ein Ausgangspunkt der künstlerischen Entwicklung Hugo Lederers, die vor allem in seinen sehr naturnahen und doch ausdrucksstarken Porträts ihre Fortsetzung fand. Auch seine Oberflächenbehandlung der Bronze trug zur Wirkung bei. Es war sicherlich der eigentliche Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens (s. auch die bei uns dort dokumentierten Beispiele!), was sich schon rein zahlenmäßig ergibt. Dieser viel umfangreichere Werkbereich ist leider der Aufmerksamkeit der Kunsthistoriker entgangen.
Auch seiner gesellschaftlichen Einstellung kommen wir hier sehr viel näher. Wir haben stets darauf hingewiesen, dass unseres Erachtens seine wirtschaftlich bedingte Nähe zu den Finanzkreisen auch seiner Denkweise entsprach. Hier haben wir erneut so ein Beispiel. Czocha wurde 1910 von Generaldirektor Ernst Gutschow (Zigarettenfabrik Jasmatzi) gekauft und umgestaltet. Er hat die Skulptur erworben und im Garten aufgestellt, wo sie heute noch steht. Nach Sicht schätzte R. Vorreyer die Höhe mit ca. 1,80 m je für Sockel und Figur ein, was ungefähr der Originalgröße entsprechen würde. Da war einer bereit, seine finanziellen Möglichkeiten voll für seine künstlerische Überzeugung einzusetzen. Das stärkt unsere diesbezüglichen Anschauungen. Und die Skulptur stand genau dort, wo sie eigentlich hingedacht war – mitten in der Natur, so natürlich wie gegeben, ganz ohne Provokation. Und das bis heute, über 100 Jahre danach! Sollte einer sagen, Jugendbewegung habe keinen Erfolg!!
„Elbi“ (so nennen die Hamburger die Elbphilharmonie) lockt, wir besuchen Hamburg. Natürlich geht das nicht, ohne nach Werken Hugo Lederers zu schauen! Auf einer Stadtrundfahrt staunen wir, als schon von der Reeperbahn aus Bismarck in der Form, die ihm unser Künstler gab, herüberschaut! Der Winter macht es möglich, die Bäume verdecken den alten Herrn nicht. Noch mächtiger wirkt er von den Landungsstegen aus. Monumentalfigur, ja das ist sie. Aber heute mit unserer Schwäche für Übergröße ist das wohl nicht mehr der Hauptkritikpunkt. Die ganze Anlage hat eine Homogenität und Komplexität in Harmonie, wie man sie selten sieht. Da steckte schon eine gewichtige Aussage dahinter, die man auch heute noch erkennen kann. Leider wird er nicht erwähnt. Diese üble Nachrede, er sei Vorläufer der Nazis gewesen, macht ihn obsolet. Schade! Es ist so gar nicht wahr.
Dann suchen wir Ohlsdorf auf. Schicksal wie es deutlicher nicht dargestellt werden kann! Diese zugriffsfeste Gestalt schleift die Menschen hinter sich her, am Schopf gepackt und bis in Hände und Füße hinein hoffnungsloses Erschlaffen. Was für eine Ausdruckskraft! Wer hat da behauptet, Hugo Lederer könne keine Frauen darstellen? Was doch Kunsthistoriker so schreiben. Schaut man ins Internet, ist diese Skulptur sehr präsent. Coolste Bezeichnung: Cruel Countness!
Aber noch eine Geschichte fällt ein: Das Model zu dieser Figur verhalf Hugo Lederer zu seiner Karriere. Hugo Lederer wurde nach dem Ableben von Toberentz dessen Atelier angeboten. Leider hatte er nicht genügend Geld. Das Model lieh ihm den entsprechenden Betrag. Leider ist mir der Namen dieser großartigen Frau nicht überliefert. Dafür ist ihre Persönlichkeit, die offensichtlich nicht den Charakter dieser Skulptur hatte, für immer festgehalten. Es gibt viele kunsthistorische Beschreibungen, die meist behaupten, diese poetische Geschichte der Wirkung von Schicksal könne man so nicht darstellen. Offensichtlich sind die Besucher des Parks anderer Ansicht. Auch heute sind Fotografen zur Stelle und lassen sich von der Skulptur im Schnee animieren. Es gibt sogar eine Kurzgeschichte, in der der Verfasser mit ihr ‚spricht‘.
Im großartigen Park Ohlsdorf, der so gar nicht wie ein Friedhof wirkt, schon gar nicht an diesem zauberhaften Wintertag, liegt einige hundert Meter entfernt die z. T. von Hugo Lederer gestaltete Grabanlage Cohen/Robinow. Auch hier führt eine Schicksalsfrau einen Mann weg. Wohin?
Hugo Lederer schuf eine Portraitmedaille des Julius Rodenberg (Werkverzeichnis 6.1911.04). Dieser entstammt der jüdischen Kaufmannsfamilie Levy (Julius 2.6.1831 – 11.7.1914). Er nannte sich wohl beim Jurastudium in Julius Rodenberg um.
Als Herausgeber mehrerer Monatsschriften belieferte er v. a. literarisch Interessierte. Storms ‚Schimmelreiter‘ und Fontanes ‚Frau Jenny Treiber‘ sowie ‚Effi Briest‘ erschienen hier als Erstdrucke. Seine ‚Bilder aus dem Berliner Leben‘ wurden zum Vorbild von Stadtreportagen (Quelle: J. Hoffmann). Er gilt als nationalliberaler Herausgeber. In Berlin/Prenzlauer Berg gibt es eine Rodenbergstraße. Abgesehen davon, dass H. Lederer einen gebürtigen Juden zu seinen Freunden zählte, was seinen oft behaupteten Antisemitismus stark relativiert, bestätigt die politische Ausrichtung Rodenbergs unsere nach all den Recherchen gewonnene Ansicht, dass H. Lederer der des Nationalliberalismus zuzurechnen ist.